Zuckeralternativen Teil 1 – Natürliche Zuckeralternativen. Agavendicksaft, Reissirup, Kokosblütenzucker & Co. unter die Lupe genommen.
Als ich einem Bekannten neulich von meinem Blog erzählt habe, hat er mir ziemlich schnell die Frage gestellt, die sich wahrscheinlich jeder irgendwann stellt, der nach einer gesünderen Alternative zu Zucker sucht: „Es ist ja nur der weiße Haushaltszucker schlecht, oder? Agavendicksaft, Kokosblütenzucker und so sind doch kein Problem?“
Seine Frage hat mich dazu inspiriert, einmal genauer nachzuforschen. Was ich bereits wusste, war Folgendes: Verschiedene Zuckersorten wirken sich unterschiedlich auf den Blutzuckerspiegel aus und einige enthalten im Gegensatz zum weißen Zucker noch Vitamine und Mineralstoffe. Doch ob eine bestimmte Zuckeralternative am Ende wirklich gesünder ist – da war ich mir nicht ganz sicher.
Auf der Suche nach einer klaren Antwort war ich jedoch ziemlich schnell frustriert. Im Netz kursieren unzählige Artikel aus fragwürdigen und seriösen Quellen, die sich ständig widersprechen. Je nach der persönlichen Einstellung des Autors scheinen Agavendicksaft & Co. entweder die Lösung für gesundheitsbewusste Naschkatzen oder einfach nur ein genialer Marketing-Trick zu sein.
Was kann ein weiterer Post zu Zuckeralternativen noch beitragen?
Ich möchte dir hier so neutral wie möglich die gängigsten natürlichen Zuckeralternativen vorstellen. Dabei möchte ich dich weder davon überzeugen, eine bestimmte Alternative zu verwenden, noch dir dazu raten, die Finger davon zu lassen. Mit Hilfe meiner Übersicht kannst du dich erst einmal ganz unvoreingenommen über die verschiedenen Möglichkeiten informieren. Und dir dann selbst überlegen, welche davon am besten zu deinen Bedürfnissen passt.
In meiner Übersicht findest zu jedem natürlichen Süßungsmittel einige interessante Hintergründe. In den Infokästen siehst du außerdem die wichtigsten Fakten zu Kalorienanzahl, Süßkraft, Glykämischem Index, Zuckerbausteinen und Vitaminen/Mineralstoffen auf einen Blick. Ich habe bei der Recherche darauf geachtet, nur seriöse Quellen zu Rate zu ziehen und alle Informationen immer noch einmal zu überprüfen. Dennoch – Disclaimer – bin ich keine Ernährungswissenschaftlerin!
Ein Vorwort zum Glykämischen Index (GI)
Eine besondere Herausforderung bei der Recherche war der GI. Er gibt an, wie stark ein Lebensmittel den Blutzuckerspiegel beeinflusst. Ich habe auf verschiedenen Webseiten teilweise sehr unterschiedliche Angaben zum GI der Zuckersorten gefunden. Und zwar nicht nur Abweichungen von ein paar Punkten, sondern teilweise sehr hohe und sehr niedrige Werte für ein und dasselbe Lebensmittel.
Das Problem mit dem GI ist, dass er tatsächlich nur im Labor ermittelt werden kann. Die Testpersonen essen dafür z. B. eine bestimmte Menge Kokosblütenzucker und nach ein paar Stunden wird ihr Blutzucker gemessen. Du kannst dir vorstellen, dass nicht jedes Produkt auf der Welt so getestet werden kann. Außerdem variiert der Anstieg des Blutzuckerspiegels nicht nur von Person zu Person. Verschiedene Marken Agavendicksaft z.B. können einen unterschiedlichen GI haben, je nach Agavenart, die verwendet wurde. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, keine konkreten Zahlen zu nennen, sondern lediglich zu sagen, ob der GI niedrig (unter 40), mittel (40-60) oder hoch (über 60) ist. Dieser grobe Richtwert reicht meiner Meinung nach völlig, um den Effekt auf den Blutzuckerspiegel einzuschätzen.
Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch noch die Zuckerbausteine. Enthält ein natürliches Süßungsmittel viel Glucose, hat es einen hohen GI. Reine Glucose hat nämlich einen GI von 100. Pure Fructose wiederum hat nur einen GI von ungefähr 15 und damit einen geringen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Das liegt daran, dass Fructose erst von der Leber abgebaut werden muss. Dort wird sie in Glucose und Fettsäuren umgewandelt. Das ist aber nicht unbedingt gesünder, denn zu viel Fructose kann zu einer Fettleber und erhöhten Blutfettwerten führen. Zuckeralternativen mit einem niedrigen GI enthalten also meistens wenig Glucose und viel Fructose.
Wenn du mehr über Zuckerbausteine wissen möchtest, empfehle ich dir meinen Post „Was ist eigentlich Zucker?“
Eine zuverlässige Quelle für den GI von Lebensmitteln findest du hier.
Natürliche Zuckeralternativen im Überblick
Diese natürlichen Zuckeralternativen schaue ich mir genauer an:
- Rohrohrzucker
- Vollrohrzucker
- Honig
- Ahornsirup
- Agavendicksaft
- Reissirup
- Kokosblütenzucker
Ganz am Ende kannst du – wenn du möchtest – noch meine persönliche Meinung dazu lesen 🙂
1. Rohrohrzucker
Rohrohrzucker wird aus Zuckerrohr hergestellt, besteht aber aus den gleichen Zuckerbausteinen wie unser weißer Haushaltszucker: Saccharose (50 % Glucose, 50% Fructose). Für die Herstellung wird das Rohr ausgepresst und der Saft eingekocht. Der dadurch entstandene Sirup wird mit Zuckerkristallen versetzt, an denen sich dann größere Kristalle bilden. Bei der Raffination werden die Kristalle dann von dem braunen Sirup (Melasse) getrennt. Im Gegensatz zu Haushaltszucker wird Rohrohrzucker nur ein Mal raffiniert, wodurch eine leicht braune Färbung erhalten bleibt.
2. Vollrohrzucker
Auch Vollrohrzucker wird aus Zuckerrohr hergestellt und besteht fast komplett aus Saccharose (50 % Glucose, 50% Fructose). Anders als beim Rohrohrzucker wird der Sirup jedoch nicht raffiniert, sondern nur getrocknet und vermahlen. Dadurch bleiben der aromatische Geschmack und die natürlichen Bestandteile der Pflanze größtenteils erhalten. Vollrohrzucker wird übrigens auch Muscovado oder Mascobado genannt.
3. Honig
Honig ist bestimmt das bekannteste natürliche Süßungsmittel. Vor ein paar Jahren hat man den Bienensaft noch weniger als Zuckeralternative, sondern eher als eigenständiges Lebensmittel gesehen. Doch inzwischen ist das Naturprodukt ein beliebter Ersatz für Industriezucker geworden. Die Bienen stellen den Honig in einem langwierigen Prozess aus Blütennektar her. Da er ihnen eigentlich als Nahrung dient, gerade im Winter, ist er für Veganer ungeeignet.
4. Ahornsirup
Ahornsirup wird in Kanada und Nordamerika aus dem Saft des Ahornbaums gewonnen. Um Sirup daraus zu machen, wird er lediglich eingekocht. Allerdings braucht man fast 40 l Saft, um 1 l Sirup zu gewinnen. Deswegen sollte man beim Kauf darauf achten, dass man keinen gepanschten Ahornsirup erwischt. Es gibt ihn in unterschiedlichen Graden (AA – D), von mild und hell bis herb und dunkel. Der helle Sirup gilt als der feinere.
5. Agavendicksaft
Agavendicksaft besteht aus dem Saft der Agave, eine Kakteenart, die vor allem in Mexiko heimisch ist. Der frische Agavensaft wird wie der Ahornsaft eingekocht, damit ein süßer Sirup entsteht. Da Agavendicksaft viel Fructose enthält, hat er eine stärkere Süßkraft als Haushaltszucker. Sein niedriger GI hängt ebenfalls mit dem hohen Fructose-Anteil zusammen.
6. Reissirup
Reissirup wird in Japan schon lange traditionell zum Süßen benutzt, bei uns ist er hingegen noch nicht so lange auf dem Markt. Er wird aus Vollkornreismehl hergestellt, das zuerst in Wasser gekocht wird. Dabei werden Enzyme zugesetzt, die die Reisstärke in Zucker umwandeln. Der entstandene Saft wird weiter eingekocht, um Sirup zu erhalten. Reissirup enthält keine Fructose und hat damit aber auch eine geringere Süßkraft. Dementsprechend ist sein GI auch fast genauso hoch wie der von reiner Glucose.
7. Kokosblütenzucker
Kokosblütenzucker wird aus dem Blütennektar der Kokospalme hergestellt, überwiegend in Indien und Südostasien. Der Nektar wird zuerst gekocht, dann getrocknet und gemahlen. Da dieser Zucker nur wenig verarbeitet wird, sind noch relativ viele Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Der GI wurde allerdings noch nicht von zuverlässigen Quellen untersucht. Es heißt, er sei niedrig – das widerspricht sich aber mit dem hohen Anteil an Saccharose.
Meine persönliche Meinung zu natürlichen Zuckeralternativen
Nach meiner ganzen Recherche zu diesem Thema bin ich zu folgendem Schluss gekommen: das süße Wundermittel gibt es nicht. Am Ende besteht jede Zuckersorte aus verschieden hohen Anteilen von Fructose und Glucose. Ob Honig oder Ahornsirup, Agavendicksaft oder Kokosblütenzucker – jeder Zuckerersatz bringt gesundheitliche Nachteile mit sich. Ist die Kalorienzahl niedrig, ist wiederum die Süßkraft geringer – wie beim Ahornsirup. Ist der glykämische Index niedrig, ist wiederum der Fructoseanteil sehr hoch – wie beim Agavendicksaft. Und ist der Zucker nur wenig verarbeitet, ist er wiederum sehr teuer und muss erst aus weiter Ferne eingeflogen werden – wie beim Kokosblütenzucker.
Das einzige Argument für eine bestimmte Zuckeralternative ist meiner Meinung nach der Grad der Verarbeitung und die enthaltenen Vitamine und Mineralstoffe. Vollrohrzucker z.B. enthält immerhin 160 mg Calcium pro 100 g. Obwohl 100 g natürlich eine Menge Zucker sind und man selbst damit noch lange nicht seinen Bedarf von 1000 mg Calcium am Tag gedeckt hat, finde ich es besser, wenn im Zucker noch ein paar gesunde Inhaltsstoffe enthalten sind. Außerdem kommen bei der Raffination Chemikalien zum Einsatz, auf die ich gut verzichten kann.
Deswegen finde ich es besser, einen Zuckerersatz zu wählen, der möglichst wenig verarbeitet ist (am besten in Bio-Qualität). Leider ist Vollzucker aus Zuckerrüben anscheinend wegen der Melasse nicht sehr schmackhaft, weswegen er nicht verkauft wird. Für mich ist daher Vollrohrzucker eine gute Alternative, trotz des weiten Importweges. Reissirup finde ich auch ganz gut, da er keine Fructose enthält und relativ mild schmeckt. Trotzdem gilt bei allen Zuckeralternativen natürlich genau wie beim Haushaltszucker „Je weniger, desto besser“.
Schreib mir gerne einen Kommentar, welche Zuckeralternative dein Favorit ist und warum. In Teil 2 dieser Mini-Serie wird es dann um Zuckeraustauschstoffe (Erythrit, Xylit etc.) gehen.
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